Anfang Januar 2021 wurde uns von verschiedenen Syltern der Fall einer jungen, schwangeren Sylterin gemeldet, die völlig verzweifelt vor einem unübersichtlichen Berg diverser Probleme stand.
Wir nahmen uns dieser Hinweise an und unsere 2. Vorsitzende Heike Kulk und ihr Mann Torsten fuhren zu dieser Frau und sondierten die Lage – und die sollte sich als ziemlich ernst herausstellen…
Berge von angesammelten Habseligkeiten eines gesamten gelebten Lebens türmten sich in den Räumen.
Die komplette Elektrik war mindestens uralt, an manchen Stellen gar echt gefährlich, Bodenbeläge waren abgerockt, im Bad fehlten diverse Fliesen, weitere drohten bereits, sich demnächst von der Wand zu verabschieden, um dann am unansehnlichen Boden zu zerschellen.
Die Küche und auch das Bad waren im Grunde komplett unbrauchbar.
Heike und Torsten stürzten sich zunächst beherzt in den Papierkrieg, der hatte Priorität. Erbteile mussten ausgeschlagen, mit der Wohnungsbaufirma geregelt werden dass die Wohnung des Vaters durch die Tochter übernommen werden kann, der Erbschein musste dringend her und vieles mehr.
Zum Glück haben wir gute Beziehungen zu den Notaren Eis & Wendt, die in Rekordzeit unsere Anliegen bearbeiteten. Zeit war knapp, stand doch der Geburtstermin direkt vor der Tür. Noch am selben Tag, nach einem Notartermin, musste die werdende Mutter nach Flensburg in die Klinik – der Stress hatte eine Frühgeburt zur Folge.
Am 30. Januar kam ein gesunder Junge zur Welt. Nun hatten wir einen Grund mehr uns ins Zeug zu legen.
Papierkrams war das eine, aber mit der Wohnungssanierung lag noch ein viel größeres Problem vor uns. Ein riesiger Berg an Arbeit und ein noch viel größerer an Kosten, war das überhaupt zu stemmen?
Wir zögerten, wir beratschlagten, wir zweifelten, wir diskutierten, aber irgendwann war klar: Herz in die Hand, wir versuchen es wenigstens, auch wenn das Projekt irgendwas zwischen riskant, irrwitzig und tollkühn schien.
Die Miete für die Wohnung lief natürlich weiter, unser Förderverein bezahlte. Mangels Erbschein gabs noch keinen neuen schriftlichen Mietvertrag mit der Bochumer Vermietgesellschaft, wir mussten auf deren Wort vertrauen und auf die aktuelle Rechtslage bauen.
Risiko…aber egal.
„No risk – no fun!“.
Also ging`s los! Björn bat in unserer Facebookgruppe „Gesucht-Gefunden Sylt“ nach anonymisierter Schilderung des Falls um finanzielle Hilfe, um Man- und Womanpower. Und schon ging eine überwältigende Lawine an Hilfsangeboten ein: Wieder mal war Verlass auf „unsere“ Truppe. Ein unfassbarer Gänsehautmoment. Das hat uns sehr angefasst, das tat unglaublich gut.
Innerhalb kürzester Zeit verfügten wir über gut 5.000 Euro, für diesen Zweck gebundene Mittel und eine Zusage in unbekannter Höhe von einer befreundeten Stiftung.
“Containerdienst Stephan Wendt” stellte kostenlos einen Container parat, der in Windeseile mit Bauschutt befüllt wurde. “Remondis” machte uns innerhalb kürzester Zeit einen Termin klar zur Sperrmüllentsorgung. “Elektro Wilkens” besorgte sämtliches Elektromaterial vom Verteilerschrank bis zur Steckdosenabdeckung und Benjamin van Wahnem hat die gesamte Installation übernommen. Die Firma “Hans-Jürgen Klein” hat die komplette Badsanierung und eine kleine Küchenzeile aus den Ausstellungsräumen gespendet, die “Sylt Arbeiter” bauten bei “Klein” ab und in der Wohnung wieder auf. “C. G. Christiansen” stiftete sämtliche Bodenbeläge die Peter Simon, Stefan Moeller und Dodo fachmännisch verlegt haben. Patrick Nevermann hat Bad und Küche perfekt gefliest und die Wand für die neue Dusche gestellt. “Tischlerei Kühl” hat die Decke im Flur abgehängt und “Tischlerei Dirk Nielsen” alle Fussleisten montiert. Dann kamen mit Patrick Messer und Dennis Frigge die Oberflächenveredler zum Zug – und die hatten so RICHTIG viel zu tun: spachteln, tapezieren, Wände und Türen streichen.
Langsam wurde es immer ansehnlicher und heller in der Wohnung und sie begann NEU zu riechen: nach Gips, Silikon, Farbe und neuem Fussboden. Die Mutter kam immer mal mit ihrem Sohn vorbei um zu gucken , Kaffee zu kochen und zu helfen wo es irgend ging. Immer wieder flossen dabei Tränen, des Glückes und der Fassungslosigkeit, dass sowas möglich ist. Ehrlich gesagt: der schönste Lohn, den sich alle Helfer wünschen konnten.
Die letzten Handgriffe haben vor Kurzem noch die Firmen “Flintermann Interieur” und “Wohndesign Kiose” übernommen.
Grosse Unterstützung gab es auch von Familie Sievers, deren Firma “Sylter Küchen” demnächst noch einen Herd in die Küchenzeile integriert und die auch finanziell eine große Hilfe für uns war.
Nun sind Muddi und Sohn bereits in ihr neues Heim eingezogen und fühlen sich sehr wohl dort. Heike und Torsten Kulk haben sich wirklich aufopferungsvoll um die beiden gekümmert, sowie den gesamten Wohnungsumbau organisiert und zusätzlich selbst mit angepackt, wo es nötig war – und das wochenlang fast täglich. Parallel haben sie eine echte Beziehung zu Mutter und Sohn aufgebaut und werden sie auch weiterhin begleiten, als gute Freunde und wenn es sein muss, sicher auch als Unterstützer.
Hier die Liste unserer freiwilligen Helfer , denen wir zu allergrößtem Dank verpflichtet sind:
Patrick Messer, Benny van Wahnem, Hendrik Nevermann, Peter Simon, Nico Matzhöfer, die „Finde deine Linie“-Crew, Charlie Magda und Lisa, Maria Moritz , Stefan Möller und Dodo, Pawel Majster und Team, Waldemar Szcucur, Ronald Thormeyer, Frank Zahel, Stephan Wendt, Dirk Nielsen und Sohn, Sönke Becker und Kollege, Sascha van der Haar und Kollegen, Dennis Frigge, Kevin Madyouni, Notariat Eis & Wendt mit Kollegen, Bürgermeister Nikolas Häckels Fonds “Familien in Not“, Familie Sievers, Stefanie Flintermann, Olaf und Birgit Klein, Hasib Harry und Jörg, Matze Petersen, Johannes Voss, Patrick-Maximilian Müller, Volker und Anja Kiose, Ebi`s Garten- und Landschaftsbau und Jahwe Nielsen.
Ein dickes Danke auch an alle, die dieses Projekt durch ihre Geldspenden finanziell unterstützt haben und an diejenigen, die ihre Hilfe angeboten haben, aber dann irgendwie doch nicht zum Zuge kamen durch das überwältigende Überangebot.
Wir sind jetzt glücklich und zufrieden, alles hinbekommen und das Projekt erfolgreich abgeschlossen zu haben, denn im Grunde waren wir damit total überfordert.
Geklappt hat es im Endeffekt nur durch den gigantischen Zusammenhalt innerhalb unserer Gruppe „Gesucht-Gefunden Sylt“, in Verbindung mit der Situation, dass der Lockdown auf Sylt vielen Leuten diesen zeitlichen Spielraum gegeben hat.
Und in einem sind wir uns einig: Auch, wenn es zeitweise Spaß gemacht hat, auch, wenn nichts im Lockdown so gut tat, wie gemeinsam Gutes zu tun – nochmal brauchen wir sowas erstmal nicht.
Also habt weiter ein Auge auf andere und sorgt auch mit kleinen Gesten füreinander. Dann kann das große Ganze sich entspannen. Und wir atmen jetzt mal durch…
Danke Euch!!
Auch die Presse fand unser Projekt spannend genug, um darüber zu berichten. Erst in der Sylter Rundschau:
Und dann haben Heike und Torsten auch bei Carsten Köthe bei R.SH im Radio berichten dürfen:
TEIL 1 :
TEIL 2 :
DANKE!
Eure GGS-Admins